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Geschichte

Spielfreude seit 1845

Von Violine bis zum Zeitgenössischen Tanz, von der Rheinvilla bis unter die Krahnenbäume, mit Kapell- und Oberbürgermeistern, von kleinen Überäumen bis in große Konzertsäle, mit zahlreichen Hindernissen und Erfolgen. Hier finden Sie die Geschichte der Hochschule für Musik und Tanz Köln.

 

1845

Gründung der ersten musikalischen Lehranstalt in Köln finanziert durch kunstliebende Kölner Bürger*innen.

Prélude mit Klavier, Violine und Gesang.

Mit klingenden Talern, genau genommen mit zehn Talern im Jahr, legen kunstliebende Kölner im Jahr 1845 das Startkapital für die erste musikalische Lehranstalt Kölns. Die Idee zur Gründung hat der Kapellmeister des Stadttheaters Heinrich Dorn. Der Stadtrat und die Musikvereine schließen sich an und so beginnt die Prélude unserer heutigen Hochschule für Musik und Tanz Köln – damals nur für Klavier, Violine sowie Solo- und Chorgesang. Zwei Jahre später droht sie direkt wieder zu verstummen. Denn der anfangs schon geringe Bestand von neun Schülern ist auf drei zusammengeschrumpft.

Dass diese Zahl nicht für ein Orchester, geschweige denn für eine Musikhochschule reicht, merkt Ferdinand Hiller, ein Schüler von Johann Nepomuk Hummel und schreitet zur Tat. Er erweitert den Unterrichtsplan und zu den bestehenden drei Fächern kommen Orgeln, Violoncellos, Komposition, Harmonielehre, Kontrapunkt und Deklamation. Und so erstrahlt die Hochschule mit neuem Klang, Glanz und Räumen am 4. April 1850 am Marienplatz 6.

1850 - 1873: Crescendo über Landesgrenzen.

1858 schlägt Felix Mendelssohn Bartholdy Wellen bis nach Köln. Sein Leipziger Konservatorium inspiriert auch die „Musikalische Lehranstalt“, sich neu zu komponieren, und zwar ins „Conservatorium der Musik in Coeln“. Der Leiter Ferdinand Hiller lockt außerdem viele bedeutende Talente wie Max Bruch und Engelbert Humperdinck in die Stadt. Und auch über Landesgrenzen hinaus von Holland, Belgien und England bis nach Nordamerika und Australien ist das Konservatorium in aller Munde.

Begünstigt wird das rasante Wachstum auch durch den Bezug eines neuen Gebäudes. Nach einem kurzen Gastspiel in der Glockengasse und Marzellenstraße kann das Kölner Konservatorium 1873 endlich in ein eigenes Haus in der Wolfsstraße einziehen. Das Highlight: ein Konzertsaal samt Orchesterbühne, in dem um 1900 über 500 Musiktalente aus aller Welt von sich hören lassen.

Zeigt das Treppenhaus des Hochschulgebäudes in der Wolfsstraße.
1873: Das „Conservatorium der Musik in Coeln“ zieht in die Wolfsstraße 6.

1873 - 1925: Konservatorium um die Jahrhundertwende.

Um die Jahrhundertwende gewinnt das Konservatorium zunächst an Klangstärke. Auf Ferdinand Hiller folgen die Leiter Franz Wüllner und Fritz Steinbach. Sie gründen eine Opern-, Orchester- und Chorschule, Vorschul-, Konservatoriums- und Meisterklassen sowie ein Opernstudio. 1910 fängt auch der Bereich Tanz an, sich zaghaft zu bewegen: das Unterrichtsfach Rhythmische Gymnastik wird eingeführt.

1914 trifft der Ausbruch des Ersten Weltkrieges auch das Kölner Konservatorium. Viele Lehrer und die Mehrzahl der Verwaltungsangestellten werden zum Heeresdienst einberufen und auch ein großer Teil der Schüler wird rekrutiert. Ein schwerer Kampf um die Existenz beginnt. In dieser Zeit übernimmt der Städtische Musikdirektor Herrmann Abendroth die Leitung und schafft es, die Studierendenzahl im Nachkriegsjahr wieder auf 1.100 zu bringen. Danach raubt das Inflationsjahr 1923 die Finanzierungsgrundlage. 1925 kommt schließlich der Neubeginn.

1925

Geburtsjahr der Hochschule für Musik Köln, die als erstes Institut musikalische Spitzen- und Breitenausbildung kombiniert.

Auftakt ins Ganze.

Main statt Rhein? Als sich die Hochschule 1925 neu gründet, schwankt anfangs die Standortwahl noch zwischen Köln und Frankfurt. Für die Rheinmetropole setzt sich nicht zuletzt ihr damaliger Bürgermeister Konrad Adenauer ein, der einige Jahre später der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden sollte. Und so öffnet die "Hochschule für Musik" in Köln als zweite preußische Musikhochschule nach Berlin ihre Türen.

Das Selbstverständnis, mit dem sich die Hochschule vom bis dato üblichen Konservatorium abhebt, behalten wir bis heute: Ein Spielbein, ein Standbein. Denn es beginnt die Einsicht Bahn zu brechen, dass ein Musikleben nur dann floriert, wenn man nicht nur der Spitze der Pyramide – dem Konzertleben – Aufmerksamkeit zuwendet, sondern stets dem gesamten Aufbau. So versenkt die Hochschule für Musik Köln – mit den Worten des Musikreformators Hermann Kretzschmar – „jeden Studierenden mit breitester Wurzel in das organische Ganze des musikalischen und künstlerischen Lebens“.

1933 - 1945: Die Hochschule im Nationalsozialismus.

Ab 1933 beginnen die Bildungsvorstellungen des NS-Regimes auch die Hochschule zu dominieren. Die musikalische Moderne wird bekämpft, jüdische und missliebiger Künstler*innen vertrieben.  Der damalige Hochschuldirektor Walter Braunfels ist der erste, der entlassen wird. Zudem werden sämtliche Werke des sogenannten „Halbjuden“ Braunfels verboten. Auch Hermann Abendroth, dem man „Judenfreundlichkeit“ vorwirft soll aus Köln vertrieben werden und wird schließlich als Kapellmeister des Gewandhauses nach Leipzig versetzt. 1935 übernimmt Karl Hasse die Direktion der Hochschule, als sein Stellvertreter und zum Leiter der Rheinischen Musikschule wird Hermann Unger ernannt.
Nach Kriegsausbruch 1939 werden die Studierenden zu "Frontkonzerten" befohlen, viele Lehrende und Studierende werden zum Wehrdienst eingezogen. Auch das Repertoire ist eingeschränkt – jüdische und „entartete“ Musik dürfen nicht gespielt werden. Daneben sind durch das NS-Regime alle jüdischen Lehrenden und Studierenden vom Hochschulbetrieb ausgeschlossen. Darunter – und neben vielen anderen – die Klavierprofessoren Heinz Jolles und Michael Wittels.
In der Bombennacht am 29. Juni 1943 wird das Gebäude in der Wolfsstraße zerstört. Zersplittert und ohne zentrale Organisation ist der Unterricht schwierig. Trotzdem wird weitergespielt. In den letzten Kriegsjahren finden Instrumental- und Gesangsstunden teilweise in den Privatwohnungen von Lehrenden statt.

Streichquartett im Hintergrund Publikum und an der Wand ein Hakenkreuz.
1936: Uraufführung des ersten Streichquartetts von Jürg Baur durch das Prica-Quartett. Das Hakenkreuz gehört zu dieser Zeit zur Dekoration des Konzertsaales.

Nach 1945: Aufbau und zwei Gastspiele.

Nach Kriegsende setzt Konrad Adenauer Walter Braunfels erneut als Direktor der Kölner Musikhochschule ein. Ihm folgt im Jahr 1947 Hans Mersmann.
Nur langsam findet die Hochschule wieder zusammen. Denn die Stadt Köln liegt in Trümmern. Fast 80 % der Stadt sind durch Bomben zerstört. Noch in den Nachkriegswirren wird die Hochschule aufgeteilt: in ein städtisches Konservatorium und die dem Land NRW unterstellte Musikhochschule. Beide ziehen dorthin, wo das französische Rokoko am Rhein wieder auflebte: ins Palais du Rhin, auch bekannt als Villa Oppenheim in Bayenthal.

Der Palais erweist sich aber nur als kurzes Zwischenspiel, denn schon ein paar Jahre später tritt die Hochschule schließlich in die Fußstapfen moderner Tontechnologie. 1953 zieht sie ins alte Funkhaus des WDR an der Dagobertstraße.

Außenansicht der Villa Palais Oppenheim.
1946: Die Hochschule zieht in die ungenutzte Villa Oppenheim am Rhein.

1972

 Aus drei wird eins: Anschluss der Konservatorien in Aachen und Wuppertal.

Polyphonie Unter Krahnenbäumen

1972 wird aus dreien eins. Oder aus einem werden drei. Denn die bis dahin selbstständigen Konservatorien in Aachen und Wuppertal gliedern sich Köln an und verbinden sich zur „Staatlichen Hochschule für Musik Rheinland“. Mit drei Standorten ausgestattet, lautet das Motto der nächsten Jahrzehnte: auf eigenen Beinen stehen.

Dafür entsteht zuerst ein neues Gebäude. Die Kölner Architektengemeinschaft Bauturm erschafft in den 1970er Jahren den Neubau, 1977 zieht die Hochschule ein. Dicker Beton schützt die Außenwelt vor Schall und gibt der Innenwelt Ruhe zum konzentrierten Üben. Der amphitheaterähnliche Konzertsaal wird später Vorbild für die Kölner Philharmonie und eine bekannte Bühne für junge Talente aus aller Welt. Weil der Neubau zwar auf dem gleichen Grundstück wie vorher steht, aber in die andere Richtung blickt, ändert sich auch die Adresse. Von nun an sitzt die Hochschule Unter Krahnenbäumen 87.

Ende der 1980 er Jahre tritt ein neues Kunsthochschulgesetz in Kraft, das den Hochschulen größere Eigenverantwortung und Selbstverwaltung überträgt. Damit erreicht auch die lange Namensreise der Hochschule ihre – fast – letzte Station. Ab 1987 spricht man von der „Hochschule für Musik Köln“.

Ab 2009: Finale mit Bewegung.

2009 setzt die lang ersehnte Bewegung ein. Und zwar die des Fachbereichs Tanz. Schon seit 1961 wurde dieser an der Rheinischen Musikschule unterrichtet und 1995 als akademische Disziplin an die Hochschule überführt. Dass unsere Hochschule Musik und Tanz, Musiker*innen und Tänzer*innen, Symphonien und Choreografien vereint, wird mit der neuen Grundordnung der Hochschule, der Gründung des Zentrums für Zeitgenössischen Tanz und einem neuen Namen endlich deutlich sichtbar, von nun an heißt sie: "Hochschule für Musik und Tanz Köln".

Außenansicht des Hochschulgebäudes am Standort Köln.
1977: Einzug in den Neubau an der Adresse Unter Krahnenbäumen, wo die Hochschule bis heute zu Hause ist.

Ein Nachspiel?

Gibt es in jedem Fall. Denn die Geschichte unserer Hochschule ist nicht zu Ende. Eigentlich fangen wir immer neu an. Indem wir alte Musik weiterführen und neu interpretieren. Neue Formen der Musik und des Tanzes entdecken und unterrichten. Und jedes Jahr viele neue Gesichter begrüßen, die uns bereichern.