Erinnerungen an Claudio Nicolai (7.03.1929-11.05.2020)
Am 11. Mai ist der Sänger Claudio Nicolai verstorben. Er war sowohl der Kölner Oper, der er von 1964 bis 1983 als festes Ensemblemitglied angehörte als auch der Hochschule für Musik und Tanz Köln, an der er als Gesangsprofessor von 01.11.1983 – 31.03.1991 lehrte, sehr verbunden. Die Hochschule trauert um einen großen Sänger und Lehrenden.
Prof. Josef Protschka, ehemaliger Rektor der HfMT Köln und Sängerkollege erinnert sich gerne an die gemeinsame Zeit mit Nicolai an der Kölner Oper:
„Als ich 1980 nach gerade mal 3 Bühnenjahren ins Ensemble der Kölner Oper aufgenommen wurde, war Claudio Nicolai bereits 16 Jahre Mitglied dieses Ensembles, hatte nahezu 50 Rollen in rund 1000 Vorstellungen exemplarisch gestaltet und galt als der Grand Seigneur des lyrischen und Kavaliersbariton-Fachs. Geadelt durch seinen Grafen Almaviva bei den Salzburger Festspielen unter Karajan und an der Wiener Staatsoper verlieh Claudio nahezu all seinen Rollen eine untadelige Noblesse, zugleich eine scharfe, einprägsame Kontur und vokale Farbigkeit. Auch ein Starregisseur wie Ponnelle konnte ihn nicht dazu überreden, die Contessa in „Figaros Hochzeit“ im Moment höchster Exaltation zu ohrfeigen, denn: niemals schlägt ein Graf seine Gräfin! Claudio hatte unverrückbare Standpunkte und genügend Selbstbewusstsein, sie nicht preiszugeben. Im Ensemble erwies er sich als guter Teamplayer und verlässlicher Kollege. Claudio war u.a. mein erster Guglielmo, mein erster Onegin, mein erster Wildschütz-Graf, wir alternierten als Eisenstein – nie ließ er mich den großen Erfahrungsunterschied merken, er gab fast unmerkbare Hilfestellungen, Anregungen. Über meine ersten größeren Erfolge konnte er sich aufrichtig freuen; gleichzeitig war er streng sich selbst und anderen gegenüber, ließ keine Unseriosität gelten, übte mitunter unmissverständliche Kritik. Während der Vorstellung am Abend jedoch ging es ihm nur um die gemeinsame Sache und den gemeinsamen Erfolg.“
Claudio Nicolai war beliebt, geschätzt, ein Vorbild für alle, die ihren Bühnenweg gerade begannen. Bevor er sich 1991 nach La Palma zu einem ganz neuen Lebensabschnitt zurückzog, gastierte er noch einige Jahre an zahlreichen wichtigen Bühnen – so kam er auch 1988 zu seinem späten Met-Debut als Eisenstein. Der Musik blieb er als Chorleiter, Komponist und Lehrer stets verbunden; vor seinem Abschied in sein Altersdomizil unterrichtete er als Professor der Hochschule für Musik und Tanz Köln und gab seinen großen Erfahrungsschatz mehrere Jahre lang an Studierende unserer Hochschule äußert erfolgreich weiter.
Nun ist Claudio Nicolai m Alter von 91 Jahren verstorben. Er wird in den Herzen aller, die ihm als Persönlichkeit und begnadetem Künstler begegnet sind, für immer weiterleben.
Prof. Brigitte Lindner | Dekanin Fachbereich Gesang
Prof. Dr. Heinz Geuen | Rektor der HfMT Köln